Donnerstag, 25. Februar 2016

Talentpools – unbrauchbar für KMU?

Manchmal verstehe ich meine Kunden nicht. Eines der Kernprodukte unserer Firma (hidden professionals GmbH, Mainz) ist eine Software für das Bewerbermanagement und seit Jahren finden wir in den Anforderungskatalogen unserer Kunden bzw. Interessenten immer den „Talentpool“. Ich kann die Idee gut verstehen und ich kann nachvollziehen, dass Personaler von einer Datenbank träumen, in der sie stets passende Bewerber vorfinden. Natürlich fühlt es sich auch besser an, einen sehr guten „Zweitbesten“ in so einer Datenbank zu archivieren, als ihn einfach ziehen zu lassen.
Deshalb ist die Idee vom „Talentpool“ so reizvoll und aktuell soll es ja durch „Big Data“ noch viel, viel besser werden.
Aber eigentlich ist längst bekannt, dass ein Talentpool nur unter sehr engen Bedingungen tatsächlich Nutzen stiftet. Henrik Zaborowski beschreibt z.B. 2012 die Situation: „In den Unternehmen werden Talentpools aufgebaut, die eigentlich nie wirklich passen. Entweder sind die Kriterien zu allgemein (dann werden die Pools zu groß und damit die Ansprachen eben genau das, „zu allgemein“) oder die Kriterien sind so speziell, dass sie einen Pool mit fünf Kandidaten haben. Das bringt mir dann auch nichts. Alles schon selber gehabt.“
Unter unseren Kunden sind gerade einmal zwei (!), die wirklich Nutzen aus ihren Talentpools ziehen. Der entscheidende Faktor dabei ist, dass diese Kunden regelmäßig und in nennenswerter Anzahl sehr ähnliche oder identische Profile suchen. Wenn jeden Monat fünf weitgehend identische Stellen zu besetzen sind, dann funktioniert das. Der zweitbeste und der drittbeste Bewerber kommen in den Talentpool und wenige Tage oder Wochen später kann man ihnen eine andere passende Stelle anbieten.

In anderen Konstellationen sind Talentpools selten sinnvoll!

Gute Bewerber finden früher oder später eine Stelle und bleiben dort für mindestens drei Jahre oder länger. Da ist also im Schnitt vielleicht alle fünf Jahre mal ein kurzes Zeitfenster offen, in der sich der Bewerber neu orientiert, bevor er wieder für mindestens drei Jahre nicht verfügbar ist. Wenn umgekehrt das Unternehmen einen Bewerber mit genau diesem Profil nur alle paar Jahre sucht, dann wird die Wahrscheinlichkeit, dass die Verfügbarkeit des Bewerbers und eine passende freie Stelle zufällig in denselben Zeitraum fallen, verschwindend gering!
Selbst wenn man in einem von hundert Fällen dann mal einen Treffer hätte, würde sich doch in der Praxis herausstellen, dass sich der Bewerber in den fünf Jahren weiter entwickelt hat und gar nicht mehr dem Profil entspricht, das in den Talentpool eingetragen wurde. Die Erfahrung und der Gehaltswunsch sind gestiegen, der fachliche Schwerpunkt hat sich verschoben. Der Datenbank­treffer entpuppt sich in der Realität als Fehlgriff.
Natürlich kann man die Veralterung der Profile verhindern, indem man zu den Bewerbern einen persönlichen Kontakt hält und das Profil regelmäßig aktualisiert. Aber ganz ehrlich – wer macht das? Und vor allem: wer macht das auf Dauer, wenn die Bewerber trotzdem nur mit minimaler Wahrscheinlichkeit jemals passen?

Bleibt der „Talentpool“ also ein Werkzeug für Personalberatungen und große Unternehmen mit einer Vielzahl von Neueinstellungen in jedem Jahr? Nicht zwangsläufig!

Škoda ist ein Beispiel, wie auch für kleine Unternehmen ein Talentpool fruchtbar genutzt werden kann. Hier haben sich die selbstständigen Vertragshändler zusammengeschlossen und betreiben einen gemeinsamen bundesweiten Pool. Bewerber, die auf eines der Standardprofile in Werkstatt, Service oder Verkauf passen und idealerweise auch bereit sind, den Wohnort zu wechseln, sind hier gut aufgehoben. Ein Talentpool würde für einzelne Händler überhaupt keinen Sinn ergeben, aber im Gemein­schafts­projekt der Škoda Partner Jobbörse kommt es immer wieder zu erfolgreichen Vermittlungen.
Vielleicht lohnt es sich, darüber nachzudenken? Auch andere Unternehmen mit einer ähnlichen Struktur aus kleinen, selbstständigen Einheiten könnten über einen Gemeinschaftspool nachdenken. Denn der Traum von einer Datenbank, in der man gute Kandidaten „parken“ und bei Bedarf interessante Bewerber finden kann, ist ja trotz aller Bedenken verführerisch. Und das Beispiel Škoda zeigt: wenn sich mehrere KMU zusammentun und wenn man es richtig macht, dann kann es auch hier funktionieren!

Dienstag, 14. Oktober 2014

Seminarangebot

Employer Branding: Einführungsseminar


Montag, 18. August 2014

Vortrag 360° Feedback

Beim Regionaltreffen des VK Mainz/Wiesbaden habe ich über das 360° Feedback referiert. Für einen Personaler ist das zwar ein "alter Hut", aber für viele Führungskräfte dann doch ganz neu.
Das fand ich spannend und die Arbeit an dem Vortrag hat mal wieder daran erinnert, dass ich auch mal wieder vor der eigenen Haustüre kehren sollte. Ich unterstütze Kunden bei der Einführung von Feedbacksystemen und habe mir selbst schon ewig kein Feedback mehr eingeholt.
Also zumindest bei einem Teilnehmer des Abends hat es schon motivierend gewirkt   ;-)

Freitag, 4. Juli 2014

Mannheim Media Night

Das war mal eine in jeder Hinsicht abwechslungsreiche Veranstaltung mit extremen Hochs und Tiefs bei den Vorträgen.

Der Reigen wurde eröffnet von Frau Dr. Silvia Danne, "Marketing-Expertin" mit dem Vortrag "Anders und nicht artig - Ihr Weg zu ANfdersArtigkeit im digitalen Zeitalter von Marketing 3.0".
Nach meinem Eindruck ein typischer Fall von inhaltsleerem Marketing-Geblubber. Ich saß da und habe mich nur geärgert. Die Definition von "Marketing 3.0" war noch OK und dass man neue Wege gehen und nutzen soll, ist sicher richtig. Aber in den Beispielen war NICHTS Neues. Da war ein Beispiel für eine Plakatwerbung und ein netter Film, ein interessantes Produkt etc. pp. Alles gut und richtig, wäre aber ohne "Marketing 3.0" genau so erfolgreich gewesen. Gut gemacht ist halt einfach gut gemacht ... das hat erst mal nichts mit "3.0" zu tun. Ich würde ihr gerne mal zwei Fragen stellen:
(1) Wie viel Prozent der erfolgreichen Unternehmen sind in Ihrem Sinne "andersartig" und wie viele erfolgreiche Unternehmen machen schlicht und ergreifend einen guten Job - ganz klassisch und ohne Marketing-Onanie?
(2) Und was heißt das jetzt konkret? Wir sollen also "andersartig" sein und "viral" werden!? Ja, ich wäre auch gerne ein guter Geigespieler und etwas gelenkiger. Mit Appellen und Wunschvorstellungen ist doch niemand geholfen! Irgendein Fingerzeig, WIE man auf diesem Weg vorwärts kommen könnte, wäre ein echtes Highlight gewesen.

Nach dem zweiten Vortrag von Dr. Willms Buhse über "Management by Internet: Neue Führungsmodelle für Unternehmen in Zeiten der digitalen Revolution" hätte ich beinahe die Veranstaltung verlassen. Das war für mich der typische Fall eines betriebsblinden Idealisten, der meint, die ganze Welt würde so funktionieren, wie sein Agentur-Alltag. Wieder viele idealistische Ideen und Träume, aber nichts handfestes, nichts selbstkritisches, nichts zielführendes für das "richtige Leben". Telearbeit im Einzelhandel und der Kunde irrt einsam durch das Ladengeschäft? Flexible Arbeitszeiten und 'Work-Life-Balance' und der Kunde wundert sich, dass der Servicetechniker nachts um 4:00 Uhr klingelt? Ganz ehrlich: ich habe selten eine oberflächlichere Abhandlung eines so spannenden Themas erlebt.

Gott sei Dank bin ich nicht gegangen ... der zweite Teil war grandios!

Jan Ditgen (www.comedy-redner.de) ist extrem witzig und obwohl es fast nur Klamauk war, empfand ich auch inhaltlich als Steigerung. Die Laune war gerettet!

Mandy Baumann von Gallupp war für mich das Highlight des Abends. Sie erteilt Werbung auf Social Media eine glatte Abfuhr. Das macht sie mir schon mal sympathisch. "Trying to pitch your products over social media is like handing out business cards at a funeral. (Seth Godin)". Der Unterschied zwischen Werbung und Teilhabe an einer Community ist eben doch ein grundsätzlicher! Beispielsweise gehört eben nicht nur das Pushen der eigenen Werbebotschaft dazu, sondern auch der umgekehrte Weg - das Zuhören. Sie empfiehlt den "Chief Listening Officer" als Ersatz oder Ergänzung zum "Social Media Manager".
Eine Geschichte, die mit Media und "3.0" gar nichts zu tun hat, aber für mich aus Personaler-Sicht besonders eindrucksvoll war: Eine internationale Hotelkette hat allen ihren Mitarbeitern (vom Zimmermädchen bis zum Direktor) die Verantwortung für jede an sie herangetragene Kundenbeschwerde übergeben und dazu die ausdrückliche Genehmigung, bis zu 2.000 Dollar pro Tag und pro Gast auszugeben, um evtl. anfallende Probleme zu lösen. Auf den ersten Blick abenteuerlich, aber das Ergebnis spricht für sich: massiv gestiegene Mitarbeiterzufriedenheit (Verantwortung, Vertrauen, ...), massiv gestiegene Kundenzufriedenheit (kurze Wege zum Problemlöser statt "bin-ich-nicht-zuständig") und dabei im Schnitt nur 20 Dollar Mehrkosten pro Gast.

Ebenfalls eindrucksvoll, authentisch und inspirierend: Jochen Mai (Gründer von karrierebibel.de) zum Thema "Corporate Blogs sind das Facebook von morgen". Drei mal dürfen Sie raten, warum ich ausgerechnet heute, nach mehreren Wochen Pause, mal wieder was schreibe...
Interessant der Grundgedanke: Ein "eigener Blog" verhält sich zu "Posts bei facebook" wie "Haus bauen" zu "Wohnung mieten".

Also: Gratulation an die Macher der Mannheim Media Night! Unterm Strich hat es sich wirklich gelohnt!

Freitag, 11. April 2014

Ist der Einsatz von Social Media sinnvoll?

Es rauscht mächtig im Blätterwald, was den Einsatz von Social Media bei der Mitarbeitersuche betrifft.

Ohne Frage kann es hilfreich sein, private oder berufliche Netzwerke - auch in der digitalen Welt - zu nutzen, um auf geeignete Bewerber aufmerksam zu werden.

Aber ist es sinnvoll, sich speziell für das Thema Recruiting einen eigenen Account anzulegen oder eine Karriereseite bei facebook aufzubauen?

Da gehen die Meinungen weit auseinander. Ich habe aus meiner Lektüre zum Thema die wichtigsten Argumente zusammengesucht und als Präsentation bei slideshare veröffentlicht:



Mittwoch, 26. Februar 2014

Wertschätzung reduziert Fluktuation

Die Firma "Office Team" hat in ihrem "Workplace Survey 2013" nach den Gründen für Mitarbeiterfluktuation gefragt. Die häufigsten Gründe, warum Mitarbeiter ein Unternehmen verlassen, sind demzufolge:

Platz 1: "schlechte Work-Life-Balance" (45%)
Platz 2: "hohe Belastung / Stress" (38%)
Platz 3: "wenig Anerkennung" (33%)

Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang wohl finanzielle Anreize wie Bonussysteme oder Provisionen?

Eine leistungsorientierte Bezahlung soll zu Höchstleistungen anspornen - das ist der Sinn der Sache. Aber ist es sinnvoll, einen Mitarbeiter, der bereits engagiert und motiviert arbeitet, dafür zu belohnen, noch mehr zu arbeiten und noch stärker auf Ergebnisse und Leistungen zu fokussieren?
Natürlich ist es gut gemeint - Leistungsträger sollen belohnt werden. Aber in der Realität ist die versteckte Botschaft einer Bonusvereinbarung doch immer: "Du könntest noch mehr leisten und wenn Du es tust, dann bekommst Du dafür eine Belohnung". Das treibt gerade die engagierten Mitarbeiter möglicherweise über die Grenze hinaus, an der das Gleichgewicht von Beruf und Privatleben aus den Fugen gerät. Wenn vereinbarte Ziele (möglicherweise unverschuldet) nicht erreicht werden können und demzufolge die finanzielle "Anerkennung" ausbleibt, wird letztlich der Grundstein zu einer Kündigung gelegt...

Ich verabschiede mich derzeit von der Vorstellung, Menschen mit Geldversprechen motivieren und an die Firma binden zu können. Je mehr ich zu dem Thema lese, bin ich überzeugt, dass man damit mehr schadet als nützt.

Wertschätzung des Mitarbeiters als Person und als "Arbeiter" scheint mir dagegen entscheidend zu sein. Dazu gehört: die Kompetenz des Mitarbeiters ernst nehmen, ebenso private Bedürfnisse, Überlastung wahrnehmen und positiv darauf reagieren (Engagement anerkennen, Belastung reduzieren), Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen ("Was Mitarbeiter wirklich motiviert") und direkt zum Ausdruck gebrachte Wertschätzung.

A propos ... mir fallen auf Anhieb ein paar Mitarbeiter ein, mit denen ich mal wieder ein Schwätzchen halten sollte. Ich mach das gerade mal und blogge dann später weiter  ;-)

Mittwoch, 5. Februar 2014

Nach mehreren Jahren Pause bin ich nun wieder am Bloggen und bin mir natürlich nicht sicher, ob das wirklich sinnvoll ist ... bei aktuell 0 Abonnenten ...

Ich sehe es als einen Weg des Lernens für mich - Gedanken werden klarer, wenn man sie schriftlich formuliert.

Vielen Dank für ein paar gute Argumente für das Bloggen an Sabine Haas, veröffentlicht im "Wirkungsblog".